Digitaler Nachlass

Who wants to live forever? Im Internet machen uns unsere Daten unsterblich. Doch was passiert mit den Daten, wenn wir sterben? Und was sollte man schon zu Lebzeiten regeln? Antworten darauf finden Sie im folgenden Modul.

Sie planen einen 90-minütigen Workshop zum Thema „Digitaler Nachlass“? Wenn Sie weiterscrollen, finden Sie dazu passende Anregungen.

Den Moderationsleitfaden für diese 90-minütige Version erhalten Sie hier.

Hier finden Sie die weiteren Workshops zum Thema: 45 min, 25 min und Einfache Sprache.

Menschen gehen, Daten bestehen

Die Fakten zeigen: Tagtäglich hinterlassen wir eine Vielzahl an digitalen Spuren. Diese Spuren bestehen auch über den Tod hinaus. Trotzdem regeln nur 18% der Nutzer in Deutschland ihren digitalen Nachlass. Doch was genau ist digitaler Nachlass?

Was bedeutet „Digitaler Nachlass“?

Woran denken Sie, wenn Sie die Begriffe „Nachlass“ oder „Erbe“ hören? Häufig werden damit Wertgegenstände wie Schmuck, Autos oder Geld verbunden. Heute findet das Leben jedoch auch immer mehr im Internet statt. Dort gibt es ebenfalls Dinge, die nach dem Tod hinterlassen werden.

Zum digitalen Nachlass zählen alle elektronischen Daten, die eine Person nach ihrem Tod auf einem digitalen Endgerät (z. B. Computer, Tablet, Smartphone) und im Internet hinterlässt. Dazu gehören unter anderem Kundenkonten und Accounts in Sozialen Netzwerken. Egal ob im Internet oder auf der Festplatte – auch alle Nachrichten, Fotos und Bilder zählen zum digitalen Nachlass.

Profile in Sozialen Netzwerken
Neun von zehn Internetnutzern sind auf Sozialen Netzwerken wie z. B. Facebook, Instagram oder Xing unterwegs. Diese Profile sind nach dem Tod weiterhin vorhanden.

Offline-Daten
Auf Bilder, Präsentationen oder Dokumente, die Sie zu Lebzeiten abgespeichert haben, können Ihre Hinterbliebenen auch nach Ihrem Tod weiterhin zugreifen.

Accounts
Zu Lebzeiten erstellen Sie unzählige Accounts, z. B. in Online-Shops oder auf Video-Portalen. Diese existieren auch nach dem Tod weiter.

Elektronische Nachrichten
Täglich senden und empfangen Sie viele Nachrichten. E-Mails, Chatverläufe und Sprachnachrichten überdauern die Zeit.

Digitale Güter
Im Internet werden immer mehr „Digitale Güter“ wie Musik-Dateien, Filme oder Videospiele gekauft. Auch Währungen wie die Kryptowährung Bitcoin gehören dazu. Diese Käufe bleiben auch nach dem Tod erhalten.

Szenarien

Leonard (38) verunglückt tödlich bei einem Verkehrsunfall. Trotz des Testaments, das er verfasst hat, tauchen ungeahnte Probleme auf.

Szenario I

Drei Monate nach Leonards Bestattung erhält die hinterbliebene Familie eine Rechnung. Ein Streamingdienst hat für die letzten drei Monate eine Summe von 34,89 Euro in Rechnung gestellt.

Überlegen Sie, bevor Sie weiterscrollen: Müssen die Hinterbliebenen für die Kosten aufkommen? 

Szenario I

Kaufverträge oder Abonnements enden häufig nicht mit dem Tod. Verpflichtungen des Verstorbenen werden nach dem Gesetz auf die Erben übertragen. Als Erbe müssen Sie deshalb offene Rechnungen des Verstorbenen begleichen.

Sie haben aber die Möglichkeit, sich direkt an das Unternehmen zu wenden. Kürzlich getätigte Einkäufe fallen womöglich noch unter das Widerrufsrecht. Oder aber das Unternehmen zeigt sich nachsichtig und verzichtet auf eine Zahlung.

Szenario II

Zwei Jahre nach dem Tod von Leonard werden noch immer Geburtstagsglückwünsche an die Chronik des Verstorbenen gepostet. Gerade für seine Ehefrau Christina ist dies immer ein trauriger Moment.

Überlegen Sie, bevor Sie weiterscrollen: Kann Christina verhindern, dass andere an die Chronik ihres verstorbenen Ehemanns posten?

Szenario II

Es ist schwierig, auf das Konto in einem Sozialen Netzwerk zuzugreifen, wenn keine Zugangsdaten vorliegen. Viele Netzwerke erlauben den Hinterbliebenen keinen Zugang , denn auch die Daten anderer Nutzer sollen geschützt werden – z. B. deshalb, weil sie mit Leonard gechattet haben.

Ein ähnlicher Fall ging 2012 vor Gericht: Nach dem Tod ihrer fünfzehnjährigen Tochter wollten ihre Eltern Antworten auf ihren plötzlichen Tod über das Facebook-Profil finden. Doch Facebook versetzte das Profil nach dem Tod in den Gedenkzustand, sodass sich die Eltern nicht mehr einloggen konnten. Und das, obwohl sie den Benutzernamen und das Passwort des Kontos kannten. Zukünftig könnte sich das ändern. Am 12. Juli 2018 hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden: Auch private, digitale Daten, wie z. B. Accounts, gehen nach dem Tod in den Besitz der Eltern über. Das Urteil könnte in Zukunft dazu führen, dass Angehörige einen Zugriff auf Accounts erhalten.

Szenario III

Nach dem Tod von Leonard möchte sich Christina private Urlaubsfotos anschauen, die auf dem Laptop des Verstorbenen gespeichert sind. Da Leonard ihr den Laptop vererbt hat, spricht zunächst nichts dagegen.

Überlegen Sie, bevor Sie weiterscrollen: Gehören Christina auch die Daten auf dem Laptop?

Szenario III

Alle Dateien, die auf dem Laptop gespeichert sind, werden vererbt. Nicht aber diejenigen, die sich in einer Cloud oder einem anderen Online-Speicher befinden. Ohne Passwort haben Sie keinen Zugriff auf diese Daten. Hat ein Nutzer keine Person bestimmt, die auf die Daten zugreifen darf, werden von vielen Anbietern keine Zugangsdaten herausgegeben.

Szenario IV

Als Erinnerung möchte die Familie auf private E-Mails, Chats und Sprachnachrichten des Verstorbenen zugreifen. Leider liegt Ihnen das Passwort zu den jeweiligen Diensten nicht vor.

Überlegen Sie, bevor Sie weiterscrollen: Können die Angehörigen die notwendigen Zugangsdaten bei den Anbietern erfragen?

Szenario IV

Ohne Passwort ist es schwierig, auf Benutzerkonten zuzugreifen. Leichter wird es, wenn das Passwort für den E-Mail-Account bekannt ist. Dann können Sie auf vielen Webseiten über „Passwort vergessen“ ein neues Kennwort vergeben. Liegt kein Passwort vor, müssen Sie bei den Unternehmen um Hilfe bitten. Manche Anbieter ermöglichen den Zugriff für die Angehörigen, wenn eine Sterbeurkunde vorgelegt wird. Andere geben überhaupt keinen Zugriff, um die Privatsphäre anderer Nutzer zu schützen.

Digitaler Nachlass – aber wie?

Der digitale Nachlass ist sehr persönlich. Wenn Sie selbst entscheiden, was nach dem Tod mit Ihren Daten geschehen soll, werden viele Probleme für die Erben bereits gelöst.

machts-gut.de

Haben Sie sich schon mit Ihrem digitalen Nachlass beschäftigt? Die Kampagne #machtsgut der Verbraucherzentrale Bundesverband möchte auf den digitalen Nachlass aufmerksam machen und Menschen dazu bewegen, sich frühzeitig damit auseinanderzusetzen. Wer postet nach Ihrem Tod in Ihrem Namen in den Sozialen Netzwerken? Wer hat nach Ihrem Tod Zugang zu Ihren E-Mail-Accounts?

Machen Sie hier den Test.

Digitaler Grabstein

QR-Codes auf Grabsteinen? Das könnte schon bald die Regel sein! Ein Bestattungsunternehmen in Österreich kam 2012 erstmals auf die Idee, Grabsteine mit QR-Codes auszustatten. Mehr dazu erfahren Sie im Video.

Weiterleben im Netz

Mit dem Tod endet das irdische Leben. Amerikanische Wissenschaftler forschen an einer Möglichkeit, die Persönlichkeit von Menschen als Künstliche Intelligenz zu speichern. So sollen zumindest das Wissen und die Meinungen der Verstorbenen erhalten bleiben.

Etwas Ähnliches versucht Eugenia Kuyda. Mithilfe von Chatnachrichten und E-Mails entwickelte sie eine Künstliche Intelligenz, die ihr ähnliche Nachrichten wie ihr verstorbener Ehemann schickt.

Die Meinungen zu diesem Thema gehen auseinander: Soll der Tod nicht etwas Endgültiges bleiben?

Regeln Sie Ihren Nachlass

Auch wenn niemand gerne an den Tod denkt: Denken Sie heute schon an morgen und regeln Sie rechtzeitig Ihren digitalen Nachlass. Ihre Angehörigen werden es Ihnen danken!